Juli 2005: Gesellschafter und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften

Wesentliche Beteiligung: Zulässige Rückwirkung bei Gesetzesänderung?

Nach § 17 Einkommensteuergesetz werden Gewinne aus der Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Anteilen an einer Kapitalgesellschaft als gewerblich und damit steuerpflichtig eingestuft, wenn eine so genannte wesentliche Beteiligung vorliegt. Eine wesentliche Beteiligung ist nach den aktuellen gesetzlichen Vorschriften zu bejahen, wenn innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Verkauf am Kapital der Gesellschaft mindestens ein Prozent mittelbar oder unmittelbar gehalten wurde.

Die Beteiligungsgrenze wurde erst in den letzten Jahren von 25 Prozent über 10 Prozent auf jetzt 1 Prozent gesenkt.

In dem zu entscheidenden Fall war die Klägerin bis zum Jahr 1998 mit zehn Prozent an einer Kapitalgesellschaft beteiligt. Damit lag sie unter der in 1998 geltenden Wesentlichkeitsgrenze von 25 Prozent. Ende 1998 verkaufte sie Anteile, so dass ihre prozentuale Beteiligung im Jahr 1999 unter zehn Prozent lag. Damit lag sie also auch im Jahr 1999 unter der in diesem Jahr gültigen Wesentlichkeitsgrenze von zehn Prozent. Als sie Mitte 1999 die restlichen Anteile veräußerte, hatte sie diese dennoch der Besteuerung zu unterwerfen. Denn die im Jahr 1999 geltende Wesentlichkeitsgrenze von zehn Prozent gilt rückwirkend bei der Frage, ob in letzten fünf Jahren vor dem Verkauf eine wesentliche Beteiligung im Sinne des Gesetzes vorgelegen hat.

Gleiches gilt nach BFH-Ansicht, wenn ein insgesamt mit 20 Prozent an einer GmbH Beteiligter erst nach dem Gesetzesbeschluss des Bundestages am 4.3.1999, aber vor In-Kraft-Treten des maßgeblichen Gesetzes am 24.3.1999, einen Teilanteil von 10,6 Prozent veräußert hat. Denn bereits mit dem Beschluss des Deutschen Bundestags ist das Vertrauen in den Fortbestand des geltenden Rechts zerstört worden, so dass die Veräußerungen ab diesem Zeitpunkt nicht mehr dem unbedingten Schutz des Rechtsstaatsprinzips unterliegen.

Hinweis: Mit Blick auf diese BFH-Urteile werden die Finanzämter nun solche Einsprüche zeitnah zurückweisen, die sich auf die Rückwirkungsproblematik bezogen haben (BFH-Urteile vom 1.3.2005, Az. VIII R 25/02 und VIII R 92/03).