März 2003: Alle Steuerzahler

Weitergewährung von Kindergeld bei behinderungsbedingtem Mehrbedarf

Kinder, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, werden bei der Kindergeldfestsetzung berücksichtigt, wenn sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist ein behindertes Kind "dann imstande, sich selbst zu unterhalten, wenn es über eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfügt, die zur Bestreitung seines gesamten notwendigen Lebensbedarfs ausreicht". Das heißt, der Lebensbedarf des Kindes ist seinen finanziellen Mitteln gegenüber zu stellen. Dabei setzt sich der Lebensbedarf des Kindes typischerweise aus dem allgemeinen Lebensbedarf (Grundbedarf), der entsprechend dem Grenzbetrag in § 32 Absatz 4 Satz 3 Einkommensteuergesetz zu beziffern ist (=7188 Euro), und dem behinderungsbedingten Mehrbedarf zusammen. Hierzu gehören alle mit einer Behinderung unmittelbar und typisch zusammenhängenden Belastungen, zum Beispiel Wäsche, Hilfeleistungen, Erholung, typische Erschwernisaufwendungen und Ähnliches. Erfolgt insoweit seitens des Steuerpflichtigen kein Einzelnachweis, so kann der maßgebliche Behindertenpauschbetrag als Anhalt für den betreffenden Mehrbedarf dienen.

Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs gilt diese Regelung jedoch nicht, wenn das Kind vollstationär untergebracht ist. Denn in den Heimkosten sind verschiedene Kostenbestandteile enthalten, die von dem Behindertenpauschbetrag mit erfasst werden. Folglich würden die Aufwendungen doppelt begünstigt. In diesem Fall besteht keine Möglichkeit des Ansatzes des Pauschbetrages.

Das Finanzgericht Niedersachsen hat sich nun mit der Frage befasst, was unter vollstationärer Unterbringung zu verstehen ist. Es ging um folgenden Fall: Die Tochter des Klägers ist seit Geburt zu 100 Prozent schwerbehindert und hilflos. Tagsüber besucht sie eine Behindertenwerkstatt. Die Kosten der Werkstatt in Höhe von 1.700 DM monatlich für diese Eingliederungsmaßnahme übernimmt die Stadt.

Der Finanzgericht Niedersachsen hat in diesem Fall entschieden, dass keine vollstationäre Unterbringung vorliegt, so dass dem Abzug eines Pauschbetrages nichts entgegensteht. Die Tochter ist im Haushalt des Klägers untergebracht und wird dort täglich versorgt. Da die Tochter täglich in der Behindertenwerkstatt arbeitet, besteht insoweit kein Unterschied zu einer sonstigen Berufstätigkeit. Von den Einkünften der Tochter ist deshalb der Behindertenpauschbetrag abzuziehen (Er beträgt 3.700 Euro, bis 31. Dezember 2000: 7.200 DM) (FG Niedersachsen, rechtskräftiges Urteil vom 24.8.02, Az. 8 K 30/00).