Juli 2005: Alle Steuerzahler

Kindergeld: Sozialversicherungsbeiträge sind keine Einkünfte des Kindes

Hat ein volljähriges, sich in der Ausbildung befindliches Kind eigene Einkünfte und Bezüge von aktuell mehr als 7.680 Euro im Kalenderjahr, verlieren die Eltern den Anspruch auf Kindergeld bzw. den Kinderfreibetrag. Bei der Ermittlung dieses Grenzbetrags waren bislang nur Werbungskosten oder Betriebsausgaben der Kinder zum Abzug zugelassen. Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen hingegen blieben unberücksichtigt. Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass diese Handhabung zumindest bezüglich der Sozialversicherungsbeiträge, die für ein volljähriges Kind im Rahmen eines Berufsausbildungsverhältnisses abgeführt werden, verfassungswidrig ist. Denn die Sozialversicherungsbeiträge werden vom Arbeitgeber direkt abgeführt. Weder das Kind noch die Eltern können darüber verfügen. Von den Bezügen und Einkünften dürfen aber nur diejenigen Leistungen in den Jahresgrenzbetrag einfließen, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausübung tatsächlich geeignet sind.

Hinweis: Diese erfreuliche Entscheidung wird dazu führen, dass viele Eltern von volljährigen Kindern in der Berufsausbildung weiterhin Kindergeld oder den Kinderfreibetrag erhalten werden. Da die Gewährung von Kindergeld wiederum eine Voraussetzung für die Bewilligung der Kinderzulage im Rahmen des Eigenheimzulagengesetzes ist, können sich für die Eltern sogar noch weitergehende Entlastungen ergeben. Unter anderem ist ein Anspruch auf Kindergeld oder den Kinderfreibetrag ebenso eine Vorraussetzung für die Gewährung des Ausbildungsfreibetrags und für den Sonderausgabenabzug von Schuldgeld, so dass auch dadurch betroffene Eltern zusätzlich profitieren können. Noch nicht abschließend geklärt ist zum jetzigen Zeitpunkt die Frage, inwieweit auch bereits bestandskräftige Kindergeldbescheide von dem Urteil profitieren können. Ein Ansatzpunkt für eine Änderung dieser Bescheide könnten insbesondere die speziellen Kindergeldänderungsvorschriften (§ 70 Absatz 2 bis 4 Einkommensteuergesetz) sein. Erfolgsaussichten könnten Änderungsanträge so bis weit in die Vergangenheit hinein haben. Nach den abgabenrechtlichen Vorschriften käme eine maximale vergangenheitsbezogene Änderung über einen Zeitraum von fünf Jahren in Betracht. Denkbar wäre grundsätzlich auch die Wiederaufnahme von rechtskräftig beendeten Kindergeldverfahren nach § 134 Finanzgerichtsordnung. Allerdings kann dies in der Praxis sehr schwierig werden. Beachtet werden muss insbesondere, dass die Wiederaufnahme grundsätzlich innerhalb eines Monats nach Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes geschehen muss (BVerfG, Beschluss vom 11.1.2005, Az. 2 BvR 167/02).