Januar 2004: Alle Steuerzahler

Ergebnisse des Vermittlungsausschusses

Der Vermittlungsausschuss hat sich in den Morgenstunden des 15.12.2003 auf das Steuerreformpaket geeinigt. Die wichtigsten Ergebnisse sind in der folgenden Übersicht zusammengefasst:

1. Haushaltsbegleitgesetz
Das Haushaltsbegleitgesetz 2004 sieht das Vorziehen der für das Jahr 2005 vorgesehenen Senkung des Einkommensteuertarifs auf das Jahr 2004 vor.

Dabei wurden folgende Regelungen zum 1.1.2004 vereinbart:

  • Anhebung des Grundfreibetrages auf 7.664 Euro,
  • Absenkung des Eingangssteuersatzes auf 16 Prozent,
  • Absenkung des Spitzensteuersatzes auf 45 Prozent.

Bei den steuerfreien Einnahmen (§ 3 Einkommensteuergesetz) wurden folgende Kürzungen vorgenommen:

  • Abfindungen wegen einer vom Arbeitgeber veranlassten oder gerichtlich ausgesprochenen Auflösung des Dienstverhältnisses sind nur noch bis zu einer Höhe von 7.200 Euro statt wie bisher bis 8.181 Euro steuerfrei. Hat der Arbeitnehmer das 50. Lebensjahr vollendet und hat das Dienstverhältnis mindestens 15 Jahre bestanden, so beträgt der Höchstbetrag nunmehr 9.000 Euro (statt bisher 10.226 Euro). Nach Vollendung des 55. Lebensjahres und einer Dienstzugehörigkeit von 20 Jahren wird ein Höchstbetrag von 11.000 Euro (bisher 12.271 Euro) gewährt.

  • Übergangsgelder und Übergangsbeihilfen auf Grund gesetzlicher Vorschriften wegen einer Entlassung aus dem Dienstverhältnis sind gemäß § 3 Nummer 10 Einkommensteuergesetz bis zu höchstens 10.800 Euro (bislang: 12.271 Euro) steuerfrei.

  • Nach § 3 Nummer 15 Einkommensteuergesetz sind Zuwendungen, die ein Arbeitnehmer anlässlich einer Eheschließung oder der Geburt eines Kindes von seinem Arbeitgeber erhält, bis zur Höhe von jeweils 315 Euro (bislang: 358 Euro) steuerfrei.

  • Die Steuerbefreiungsvorschrift nach § 3 Nummer 34 Einkommensteuergesetz entfällt ersatzlos. Damit sind künftig Zuschüsse des Arbeitgebers, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr gezahlt werden, lohnsteuerpflichtig. Das Gleiche gilt für die unentgeltliche oder verbilligte Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Linienverkehr zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer auf Grund seines Dienstverhältnisses zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn in Anspruch nehmen kann.

    Sammelbeförderungen nach § 3 Nummer 32 Einkommensteuergesetz bleiben allerdings weiterhin lohnsteuerfrei.

  • Steuerfrei sind Sachprämien, die der Steuerpflichtige für die persönliche Inanspruchnahme von Dienstleistungen von Unternehmen unentgeltlich erhält, die diese zum Zwecke der Kundenbindung im allgemeinen Geschäftsverkehr in einem jedermann zugänglichen planmäßigen Verfahren gewährt werden. Diese Steuerfreiheit wird nunmehr bis zu einer Höhe von maximal 1.080 Euro (bislang: 1.224 Euro) gewährt.

Weitere, in der Summe recht einschneidende Änderungen im Bereich des Lohnsteuerrechts ergeben sich in folgenden Punkten:

Geschenkaufwendungen gemäß § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 Einkommensteuergesetz sind künftig bis maximal 35 Euro (bislang: 40 Euro) steuermindernd absetzbar. Bewirtungskosten im Sinne von § 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 Einkommensteuergesetz sind mit 70 Prozent der angemessenen Aufwendungen steuerlich anzusetzen.

Die bisherige Nichtaufgriffsgrenze für einzeln bewertete Sachbezüge gemäß § 8 Absatz 2 Satz 9 Einkommensteuergesetz wird von 50 Euro auf 44 Euro reduziert.

Der Rabattfreibetrag nach § 8 Absatz 3 Einkommensteuergesetz wird von bislang 1.224 Euro auf 1.080 Euro abgesenkt.

Der Arbeitnehmerpauschbetrag gemäß § 9a Satz 1 Nummer 1 Einkommensteuergesetz wird von 1.044 Euro auf 920 Euro abgesenkt.

Der Sparerfreibetrag beläuft sich künftig auf 1.370 (bislang: 1.550) Euro für Alleinstehende bzw. 2.740 (bislang: 3.100) Euro für Verheiratete.

Beträgt das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 56 (bislang: 50) Prozent der ortsüblichen Marktmiete, so ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil nach § 21 Absatz 2 Einkommensteuergesetz aufzuteilen. Bei der Überlassung einer Wohnung an nahe Angehörige muss also gegenenfalls die Miete angepasst werden.

Der bisherige Haushaltsfreibetrag nach § 32 Absatz 7 Einkommensteuergesetz wird abgeschafft. Als Ausgleich hierfür ist ein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in § 24b Einkommensteuergesetz vorgesehen. Danach können Alleinstehende einen Entlastungsbetrag in Höhe von 1.308 Euro im Kalenderjahr von der Summe der Einkünfte abziehen, wenn

  1. sie mit mindestens einem Kind im Sinne des § 32 Absatz 1 Einkommensteuergesetz eine Hausgemeinschaft in einer gemeinsamen Wohnung bilden,

  2. das Kind das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und

  3. der Steuerpflichtige und sein Kind in der gemeinsamen Wohnung mit Hauptwohnsitz gemeldet sind.

Allerdings wird der Begriff der Alleinstehenden viel enger als bei der Gewährung des Haushaltsfreibetrages definiert. Danach gelten als Alleinstehende gemäß § 24b Absatz 2 Einkommensteuergesetz diejenigen, die

  • nicht die Voraussetzungen für eine Ehegattenveranlagung nach § 26 Absatz 1 Einkommensteuergesetz erfüllen und

  • keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen Person bilden, es sei denn, für diese steht ihnen ein Freibetrag nach § 32 Absatz 6 Einkommensteuergesetz oder Kindergeld zu. Eine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen Person ist in der Regel dann anzunehmen, wenn diese mit Haupt- oder Nebenwohnsitz in der Wohnung des Steuerpflichtigen gemeldet ist.

Erhält ein Arbeitnehmer im Rahmen eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses unentgeltlich oder verbilligt Sachbezüge in Form von Vermögensbeteiligungen im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 bis 5 des Fünften Vermögensbildungsgesetzes, so ist der Vorteil steuerfrei, soweit er nicht höher als der halbe Wert der Vermögensbeteiligung ist und insgesamt 135 (bislang: 154) Euro im Kalenderjahr nicht übersteigt.

Die Regelung zur so genannten Halbjahres-AfA wird gestrichen, stattdessen wird eine monatsgenaue Abschreibung vorgeschrieben. Das heißt: Im ersten Halbjahr angeschaffte Wirtschaftsgüter können nicht mehr mit der vollen Jahres-AfA als Betriebsausgaben beziehungsweise Werbungskosten angesetzt werden und für im zweiten Halbjahr angeschaffte Wirtschaftsgüter gilt nicht mehr die halbe Jahres-AfA.

Die Entfernungspauschale wird zum 1.1.2004 auf einen einheitlichen Satz von 30 Cent pro Entfernungskilometer abgesenkt. Die bisherige Unterscheidung zwischen den ersten zehn Kilometern (36 Cent) und den weiteren Kilometern (40 Cent) entfällt. Bei Flugreisen kann die Entfernungspauschale nach wie vor nicht angesetzt werden.

Der Grenzbetrag für die eigenen Einkünfte volljähriger Kinder wird zum 1.1.2004 auf 7.680 Euro geändert.

Auch die Einkommensgrenzen beim Unterhaltsfreibetrag (§ 33a Einkommensteuergesetz) ändern sich zum 1.1.2004 auf 7.680 Euro.

Die Eigenheimzulage wird ab dem Jahr 2004 neu ausgerichtet. Für Bauherren, die nach dem 31.12.2003 mit der Herstellung beginnen und Erwerber, die nach dem 31.12.2003 den notariellen Kaufvertrag abschließen oder einer Genossenschaft beitreten, gelten zukünftig folgende Regelungen:

  • Neu- und Altbauten werden einheitlich gefördert. Für Ausbauten und Erweiterungen erfolgt keine Förderung mehr.

  • Der Fördergrundbetrag beträgt jährlich über den Förderzeitraum von acht Jahren höchstens 1.250 Euro, die Kinderzulage 800 Euro.

  • Begünstigt werden neben den Anschaffungs- und Herstellungskosten des Gebäudes und des Grund und Bodens auch Aufwendungen für Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von zwei Jahren nach der Anschaffung durchgeführt werden.

  • Die Einkunftsgrenze wird für den zu betrachtenden Zweijahreszeitraum (Erstjahr und Vorjahr) auf 70.000 Euro für Alleinstehende sowie 140.000 Euro für Verheiratete abgesenkt. Für jedes Kind erhöht sich der Betrag um 30.000 Euro. Maßgebend ist hierfür zukünftig nicht mehr der Gesamtbetrag der Einkünfte, sondern die Summe der positiven Einkünfte.

  • Als Beginn der Herstellung gilt bei Objekten, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, der Zeitpunkt, in dem der Bauantrag gestellt wird; bei baugenehmigungsfreien Objekten, für die Bauunterlagen einzureichen sind, gilt der Zeitpunkt, in dem die Bauunterlagen eingereicht werden. Bei Baumaßnahmen, die weder einen Bauantrag noch die Einreichung der Bauunterlagen erfordern, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Anspruchsberechtigte mit den Bauarbeiten beginnt.

  • Die Förderung des Erwerbs von Genossenschaftsanteilen erfolgt nur, wenn der Anspruchsberechtigte spätestens im letzten Jahr des Förderzeitraumes mit der Nutzung einer Genossenschaftswohnung beginnt.

  • Bauherren, die vor dem 1.1.2004 mit der Herstellung beginnen und Erwerber, die vor dem 1.1.2004 den notariellen Kaufvertrag abschließen oder einer Genossenschaft beitreten, haben noch Anspruch auf Eigenheimzulage nach den bisherigen Regelungen des Eigenheimzulagengesetzes über den gesamten Förderzeitraum von acht Jahren.

Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (§ 13b Umsatzsteuergesetz) wird geändert.

  • Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers wird um Umsätze erweitert, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen. Voraussetzung ist, dass der Leistungsempfänger Unternehmer ist und der leistende Unternehmer zur Umsatzsteuerpflicht optiert. Diese Option zur Umsatzsteuerpflicht ist zum Schutz des Leistungsempfängers im notariellen Kaufvertrag zu erklären. Zusätzlich unterliegen Umsätze für Bauleistungen dieser Regelung. Dabei wird der Begriff der Bauleistungen eigenständig im Umsatzsteuergesetz geregelt. Ausdrücklich ausgenommen werden Planungs- und Überwachungsleistungen. Der Kreis der Steuerschuldner wird beschränkt auf Unternehmer, die Bauleistungen erbringen.

  • Die Erweiterung der Steuerschuldnerschaft auf Leistungsempfänger bei der Reinigung von Gebäuden und Gebäudeteilen durch inländische Unternehmen wurde nicht verwirklicht.

Hinweis: Im Hinblick auf die EU-rechtlichen Absicherungen aller Neuregelungen ist das In-Kraft-Treten erst mit Beginn des Kalendervierteljahres nach Veröffentlichung der Ermächtigung durch den Rat der EU vorgesehen.

2. Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit
Der im Vermittlungsausschuss gefundene Kompromiss orientiert sich an dem Gesetzentwurf der Bundesregierung. Folgen soll eine Erklärung der Bundesregierung zur Kapitalertragsteuer.

3. Korb II
Besteuerung der Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen: Ab dem Veranlagungszeitraum 2004 sind für Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen Beteiligungserträge zu 100 Prozent steuerpflichtig. Dadurch werden Verluste und Wertminderungen im Zusammenhang mit dem Beteiligungsbesitz mit steuerlicher Wirkung berücksichtigt. Lebens- und Krankenversicherungen können rückwirkend für die Jahre 2001 bis 2003 dazu optieren, dass die Beteiligungserträge sowie Verluste und Wertminderungen im Zusammenhang mit dem Beteiligungsbesitz zu 80 Prozent steuerlich berücksichtigt werden. In diesem Fall bleiben Verluste dieser Jahre "eingeschlossen", sie können nicht über diesen Zeitraum rück- oder vorgetragen werden. Das Organschaftsverbot bleibt erhalten.

Für die Gesellschafter-Fremdfinanzierung bei Kapitalgesellschaften gilt nunmehr Folgendes: Die bisher nur für ausländische Anteilseigner geltende Regelung des § 8a Körperschaftsteuergesetz wird auch auf inländische Gesellschafter ausgedehnt. Zinszahlungen für (mittel- und langfristige) Gesellschafterdarlehen, die über dem 1,5-fachen des Eigenkapitals der GmbH liegen, sind dann grundsätzlich als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen, es sei denn, die Darlehenskonditionen sind fremdüblich. Allerdings wird es eine allgemeine Freigrenze in Höhe von 250.000 Euro geben. Die Einbeziehung von Sachkapital-Überlassungen (Überlassung von Grundstücken, Rechten usw.) wurde wieder aus dem Gesetzentwurf gestrichen. Ein Holdingprivileg wird es nicht mehr geben. Die Regelungen zur Gesellschafter-Fremdfinanzierung gelten analog bei der Gewerbesteuer.

Der Verlustabzug vorgetragener Verluste wird für die Einkommen- und Körperschaftsteuer begrenzt (Mindestbesteuerung). Verluste aus Vorjahren können über einen Freibetrag von einer Million Euro hinaus nur noch in Höhe von 60 Prozent vom Gewinn abgezogen werden. Der gewerbesteuerliche Verlustausgleich wird an diese Regelungen angepasst.

Verluste aus stillen Beteiligungen an Körperschaften sind nur mit Gewinnen aus derselben Beteiligung verrechenbar.

Für Beteiligungen an anderen Körperschaften gelten nunmehr folgende Regelungen: Bei an sich steuerfreien Dividenden und Veräußerungsgewinnen gelten nun jeweils 5 Prozent als steuerpflichtige Einnahmen, und zwar sowohl bei Inlands- als auch bei Auslandssachverhalten (§ 8b Absatz 5 Körperschaftsteuergesetz). Die mit der Beteiligung zusammenhängenden Ausgaben dürfen aber abgezogen werden.

4. Steuerlicher Subventionsabbau
Der Vermittlungsausschuss einigte sich darauf, den steuerrechtlichen Subventionsabbau in einem Schritt (12 Prozent bis Januar 2004) umzusetzen.

5. Gewerbesteuerreform
Die Einschränkungen zum Verlustvortrag werden auf die Gewerbesteuer übertragen.

Die geänderte Rechtslage bei der Gesellschafter-Fremdfinanzierung wirkt sich auf die Gewerbesteuer aus. Bisher unterlagen derartige Vergütungen beim Schuldner nur der hälftigen Hinzurechnung als Dauerschuldzinsen. Künftig werden die Vergütungen im Rahmen der Gewinnermittlung in voller Höhe zugerechnet.

Bei der Gewerbesteuer können vororganschaftliche Verluste im Rahmen des Organschaftsverbundes nicht mehr abgezogen werden.

Die Ausweitung der Gewerbesteuer auf Freiberufler wurde abgelehnt.

6. Tabaksteuer
Die Tabaksteuer wird zum 1.3.2004 um 1,2 Cent pro Zigarette und in zwei weiteren Schritten um jeweils 1,2 Cent/Zigarette (1.1.2004 und 1.9.2005) angehoben.