May 2004: Tax information

Bildung einer Rücklage: Übertragung auf einen weiteren Betrieb

Für die Bildung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung (R 35 Einkommensteuerrichtlinie) ist grundsätzlich eine Funktionsgleichheit des Ersatzwirtschaftsguts erforderlich, das heißt, das neue Wirtschaftsgut ist in demselben Betrieb herzustellen oder von diesem anzuschaffen, dem das entzogene Wirtschaftsgut diente.

Eine Ausnahme von dieser strikten Regelung bildet die Übertragung stiller Reserven auf Wirtschaftsgüter eines anderen Betriebes des Steuerpflichtigen, wenn die Zwangslage durch eine Enteignung oder durch höhere Gewalt zugleich den Fortbestand des bisherigen Betriebs gefährdet oder beeinträchtig hat. Der Bundesfinanzhof hat sich nun mit der Frage befasst, in wieweit die Übertragung stiller Reserven auch auf einen weiteren Betrieb möglich ist.

In diesem Zusammenhang hatte er über folgenden Sachverhalt zu urteilen:
Ein Brand vernichtete im Jahr 1992 einen großen Teil der Wirtschaftsgebäude sowie das zum Hof gehörende Wohnhaus des Betriebes in Schleswig-Holstein. Mit einem Teil der Versicherungsentschädigung ließ der Steuerpflichtige das Wohnhaus wieder herstellen, sah jedoch von einem Wiederaufbau der Wirtschaftsgebäude ab. Für die durch den Schadensfall aufgedeckten stillen Reserven der Wirtschaftsgebäude beantragte der Steuerpflichtige, diese in eine Rücklage für Ersatzbeschaffung einzustellen und auf Ersatzwirtschaftsgüter eines im Wirtschaftsjahr 1994/95 erworbenen landwirtschaftlichen Betriebs in Nordrhein-Westfalen zu übertragen.

Der Bundesfinanzhof lehnte diesen Antrag ab. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ist die Übertragung stiller Reserven auf ein Wirtschaftsgut eines anderen Betriebes des Steuerpflichtigen nach den das Realisationsprinzip einschränkenden Grundsätzen der Ersatzbeschaffungsrücklage allenfalls dann zulässig, wenn die Zwangslage durch Enteignung oder höhere Gewalt den Fortbestand des Betriebes selbst beeinträchtigt oder gefährdet. Im vorliegenden Sachverhalt war eine Ersatzbeschaffung der durch das Feuer beschädigten Wirtschaftsgebäude objektiv möglich (BFH-Urteil vom 22.1.2004, Az. IV R 65/02).