Juni 2008: Kapitalanleger

Zertifikate: Komplizierte Übergangsregelungen zur Abgeltungsteuer

Die Ausgangslage für den Übergang zur Abgeltungsteuer zum 1.1.2009 ist bei Zertifikaten im Grundsatz einfach. Zunächst gelten folgende drei Grundregeln:

  • Gewinne aus Finanzinnovationen wie Garantie- und Zinszertifikate unterliegen bei Verkauf oder Fälligkeit nach 2008 dem "Abgeltungsteuer-Pauschalsteuersatz" von 25 Prozent. Verluste sind nur noch im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen als negative Kapitaleinnahmen verrechenbar.

  • Für Kurserlöse aus vor dem 15.3.2007 erworbenen Risikozertifikaten gelten die Regeln für private Veräußerungsgeschäfte weiterhin. Danach bleiben Gewinne nach einem Jahr steuerfrei und Verluste sind dann nicht verrechenbar.

  • Nach dem 14.3.2007 gekaufte Risikozertifikate genießen den Bestandsschutz nur bei einem Verkauf bis Ende Juni 2009. Anschließend kommt die Abgeltungsteuer zur Anwendung.

Doch diese Grundregeln reichen zur Beurteilung der Steuerpflicht in der Praxis meist nicht aus. Aktuelle Stellungnahmen des Bundesfinanzhofs und des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) sind darüber hinaus zu berücksichtigen. So hat das BMF z.B. zu Anwendungs- und Zweifelsfragen bei der Einführung der Abgeltungsteuer auch bereits Stellung genommen und drei Sonderfälle für Zertifikate angeführt:

  • Zwischen dem 15.3.2007 und dem 31.12.2008 erworbene Risikozertifikate unterliegen bei Verkauf oder Fälligkeit ab Juli 2009 nicht generell der Abgeltungsteuer. Sofern das Geschäft noch innerhalb der einjährigen Haltedauer erfolgt, unterliegt der realisierte Gewinn im Rahmen der allgemeinen Übergangsregel noch der Besteuerung nach den Regeln für private Veräußerungsgeschäfte mit der individuellen Progression. Realisierte Verluste lassen sich nicht mit Zinsen und Dividenden verrechnen, das gelingt nur mit einem unter der Abgeltungsteuer anfallenden Verlust.

  • Wird die Endfälligkeit eines nach dem 15.3.2007 angeschafften Risikozertifikats mit einer Haltedauer von über einem Jahr und einem Laufzeitende vor dem 1.7.2009 bei einem sich abzeichnenden Verlust hinausgeschoben, handelt es sich um einen Gestaltungsmissbrauch. Als Rechtsfolge ist in derartigen Fällen nicht von einer – steuerwirksamen – Endfälligkeit nach dem 30.6.2009 auszugehen. Der Verlust ist also, einkommensteuerlich ohne Bedeutung. Eine vermeintlich steuergünstige Komponente dieses Zertifikattyps verpufft wirkungslos.

  • Ein weiterer Gestaltungsmissbrauch liegt vor, wenn Risikozertifikate mit Zahlungen wie einem vorgezogenen Bonus während der Laufzeit ausgestattet sind. Diese Ausschüttungen unterliegen ab dem 1.1.2009 der Abgeltungsteuer, unabhängig vom vorherigen Kaufzeitpunkt.

Hinweis: In Depots befinden sich oft Zertifikate aller Art und damit ist es ratsam, in jedem Fall gesondert zu überprüfen, ob neben den Standardfällen auch Sonderfälle zu beachten sind (BMF, Anwendungs- und Zweifelsfragen zur Einführung einer Abgeltungsteuer zum 1.1.2009 vom 14.12.2007, Az. IV B 8 – S 2000/07/001).