Januar 2004: Alle Steuerzahler

Steueränderungsgesetz 2003 vom Bundesrat beschlossen

Der Bundesrat hat am 28.11.2003 dem Steueränderungsgesetz 2003 zugestimmt.

Mit dem Gesetz wird unter anderem die Begrenzung der Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge für hohe Einkommen geregelt, die vollelektronische Steuererklärung wird vorangetrieben und eine Reihe von Einzelgesetzen werden neu gefasst. Zugleich werden die europäische Richtlinie 2001/115/EG (Rechnungsrichtlinie) umgesetzt und das Investitionszulagengesetz 1999 an die Erfordernisse des Gemeinschaftsrechts angepasst.

Hier die wichtigsten Änderungen im Überblick:

Vollelektronische Steuererklärung
Eine grundlegende Änderung vollzieht sich im traditionellen Lohn- bzw. Einkommensteuerverfahren, das der Besteuerung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit zu Grunde liegt.

Mit den Änderungen sollen bislang papiergebundene Abläufe zukünftig weitgehend vollelektronisch abgewickelt werden. Wie bereits die Lohnsteuer-Anmeldungen, sollen auch die Lohnsteuerbescheinigungen von den Arbeitgebern künftig elektronisch an die Finanzverwaltung übermittelt werden können.

Begrenzung der Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge (§ 3b Einkommensteuergesetz)
Der für die Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit maßgebliche Stundenlohn wird auf 50 Euro begrenzt. Grundsätzlich betroffen von dieser Regelung sind demnach Arbeitnehmer mit einem Monatslohn von etwa 8.000 Euro bzw. mit einem Jahreseinkommen von etwa 100.000 Euro.

Erweiterung des inländischen Arbeitgeberbegriffs (§ 38 Absatz 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz)
Inländischer Arbeitgeber ist in den Fällen der Arbeitnehmerentsendung auch das in Deutschland ansässige aufnehmende Unternehmen, das den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt. Dabei wird nicht vorausgesetzt, dass das Unternehmen dem Arbeitnehmer den Arbeitslohn im eigenen Namen und für eigene Rechnung auszahlt.

Gesetzliche Verankerung des so genannten "anschaffungsnahen Aufwands" (§ 6 Abs.1 Nummer 1a Einkommensteuergesetz)
Die Abgrenzung zwischen Erhaltungsaufwand und Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten hat erhebliche steuerliche Auswirkungen. Denn Erhaltungsaufwendungen können im Jahr der Entstehung beziehungsweise Zahlung sofort als Werbungskosten steuermindernd geltend gemacht werden. Anschaffungs- und Herstellungskosten bilden dagegen die Grundlage für die Berechnung der Absetzung für Abnutzung (AfA). Die Aufwendungen werden dann auf die "betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer" verteilt, das sind bei Gebäuden in der Regel 50 Jahre.

In den letzten Jahren war es auf Grund der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu Unklarheiten bei der Zuordnung etwaiger Kosten im Zusammenhang mit Gebäuden gekommen. Diese Unklarheiten sollen durch die neue gesetzliche Verankerung aus dem Weg geräumt werden.

Danach gilt für Baumaßnahmen, mit denen nach dem 31.12.2003 (maßgebend ist Bauantrag oder Einreichung der Bauunterlagen) begonnen wird, Folgendes:

Aufwendungen für die Instandsetzung und Modernisierung (netto, ohne Umsatzsteuer), die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung eines Gebäudes durchgeführt werden, stellen grundsätzlich Herstellungskosten des Gebäudes dar, wenn die Aufwendungen 15 Prozent der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen. Aufwendungen für Erweiterungen (i.S.d. § 255 Absatz 2 Satz 1 Handelsgesetzbuch) oder Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen, werden dabei nicht berücksichtigt.

Als Erhaltungsaufwendungen, die voll im Jahr der Veranlassung steuerlich absetzbar sind, gelten demnach Maßnahmen, die der Schaffung eines zeitgemäßen Wohnstandards dienen. Herstellungskosten sind demnach Aufwendungen, mit denen die Immobilie wesentlich aufgewertet wird.

Ausstellung einer zusammengefassten Bescheinigung für Kapitalerträge und Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften (§ 24b Einkommensteuergesetz)
Um den Steuerpflichtigen die Erklärung der aus Veräußerungsgeschäften resultierenden Gewinne zu erleichtern, werden Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute ab 2004 verpflichtet, zusammengefassten Bescheinigungen zu erstellen. In diesen Jahresbescheinigungen sind alle Daten, die für die Besteuerung erforderlich sind, aus allen bei dem jeweiligen Institut unterhaltenen Wertpapierdepots bzw. Konten auf einem amtlich vorgeschriebenen Muster zu erfassen.

Vereinfachung beim Pflege-Pauschbetrag für die Eltern behinderter Kinder und bei der steuerlichen Berücksichtigung von Pflegekindern bei Pflegeeltern
Pflegeeltern, die Kindergeld oder einen kinderbedingten Freibetrag beanspruchen möchten, sind nicht mehr dazu verpflichtet, tatsächlich entstandene Aufwendungen für die Betreuung, Erziehung oder Ausbildung einzeln nachzuweisen.

Auf den Nachweis der treuhänderischen Verwaltung des für ein Pflegekind gezahlten Pflegegeldes wird bei der Anerkennung eines Pflege-Pauschbetrags für ein behindertes Kind nunmehr verzichtet. § 33b Absatz 6 Einkommensteuergesetz legt fest, dass das Pflegegeld nicht zu den Einnahmen zählt, die den Pflege-Pauschbetrag ausschließen.

Wegfall der Zweijahresfrist bei einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung
Die zeitliche Beschränkung des Abzugs der Aufwendungen für eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung auf höchstens zwei Jahre wird ab dem Veranlagungszeitraum 2003 wieder abgeschafft. Diese Regelung gilt auch vor 2003 für alle noch offenen Fälle.

Voraussetzung für die Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung ist, dass die Aufwendungen auf Grund eines beruflichen Anlasses entstehen. Der Arbeitnehmer muss außerhalb seines Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt sein und auch am Beschäftigungsort einen weiteren Hausstand unterhalten.

Haftung bei Abtretung, Verpfändung oder Pfändung von Forderungen
Tritt ein Unternehmer den Anspruch auf die Gegenleistung für einen steuerpflichtigen Umsatz an einen anderen Unternehmer ab und ist die festgesetzte Steuer bei der Berechnung dieses Umsatzes berücksichtigt worden, so haftet der Abtretungsempfänger für die Umsatzsteuer, wenn diese bei Fälligkeit nicht oder nicht vollständig entrichtet wird. Dieser Grundsatz gilt gleich lautend bei der Verpfändung oder der Pfändung von Forderungen.

Haftung bei Änderung der Bemessungsgrundlage (§ 13d Umsatzsteuergesetz)
Mit diesem neuen Haftungstatbestand werden bei Miet- und Leasingverträgen nunmehr die Vermieter in Haftung genommen, wenn der Mieter oder Leasingnehmer den Vorsteuerabzug zu Unrecht in Anspruch nimmt oder berichtigt und die darauf festgesetzte Steuer bei Fälligkeit nicht oder nicht vollständig entrichtet.

Diese Änderung gilt für nach dem 7.11.2003 abgeschlossene Mietverträge oder mietähnliche Verträge.

Haftung für schuldhaft nicht abgeführte Steuer (§ 25d Umsatzsteuergesetz)
Das Risiko eines Steuerausfalles durch so genannte "Karussellgeschäfte" war bereits im Rahmen des Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetzes 2001 Anlass dafür, die Haftungstatbestände im Rahmen des Umsatzsteuerrechts zu erweitern.

Unter "Karussellgeschäften" versteht man Folgendes: Ein Unternehmer führt planmäßig die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nicht an den Fiskus ab, macht aber dennoch den Vorsteuerabzug in der Unternehmerkette (dem "Karussell") geltend.

Gemäß dem Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz haftet jeder Unternehmer, der in so genannte "Karussellgeschäfte" entweder verwickelt ist oder von derartigen Betrugsfällen Kenntnis hatte bzw. den Umständen nach hätte Kenntnis haben müssen, für die ausgewiesene Umsatzsteuer.

Das Steueränderungsgesetz 2003 verschärft diese Regelung künftig noch dahingehend, dass von einer Kenntnis bereits dann auszugehen ist, wenn der Unternehmer für seinen Umsatz einen Preis in Rechnung stellt, der zum Zeitpunkt des Umsatzes unter dem marktüblichen Preis liegt. Dasselbe gilt, wenn der ihm in Rechnung gestellte Preis unter dem marktüblichen Preis oder unter dem Preis liegt, der seinem Lieferanten oder anderen Lieferanten, die am Erwerb der Ware beteiligt waren, in Rechnung gestellt wurde.

Wegfall der Vorsteuerabzugsbeschränkung für Fahrzeuge, die dem Unternehmensvermögen angehören und teilweise privat genutzt werden
Die Beschränkung des Vorsteuerabzugs bei Fahrzeugen wurde mit Wirkung zum 1.1.04 abgeschafft. Die Privatnutzung ist als unentgeltliche Wertabgabe zu versteuern.

Nunmehr kann also wieder der volle Vorsteuerabzug bei einer unternehmerischen Verwendung von mindestens 10 Prozent in Anspruch genommen werden, im Gegenzug muss allerdings die private Verwendung versteuert werden.

Wegfall des Vorsteuerabzugsverbots für Reisekosten
Der Vorsteuerabzug des Unternehmers für Reisekosten seiner Arbeitnehmer ist nunmehr unbeschränkt möglich.

Umsetzung der so genannten Rechnungsrichtlinie in nationales Recht
Eine Rechnung muss gemäß der so genannten EU-Rechnungsrichtlinie den Katalog der Pflichtangaben enthalten. Das sind insbesondere folgende Angaben:

  • der vollständige Name und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers,

  • das Ausstellungsdatum der Rechnung,

  • eine einmalige fortlaufende Rechnungsnummer,

  • die Steuernummer oder zumindest die Umsatzsteueridentifikationsnummer des leistenden Unternehmers,

  • die Menge und die Art der gelieferten Gegenstände oder der Umfang und die Art der sonstigen Leistung,

  • das Datum der Leistung einer Anzahlung, wenn dieses Datum feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung identisch ist,

  • das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung und sonstige Leistung,

  • jede Preisminderung oder Rückerstattung, sofern sie nicht im Preis je Einheit enthalten ist und

  • der anzuwendende Steuersatz oder der Verweis auf die entsprechende Bestimmung der Steuerbefreiung.

Hinweis: Dem Vernehmen nach soll es bis zum 30.6.2004 eine Übergangsregelung für die Umsetzung der Rechnungsrichtlinie geben. Das heißt, es wird nicht beanstandet werden, wenn die Rechnung bis dahin noch nach den bisherigen Anforderungen erstellt wurde.

Anforderungen an Kleinbetragsrechnungen
Eine so genannte Kleinbetragsrechnung (Rechnungen bis zu einem Betrag von 100 Euro) muss ab 1.1.2004 folgende Angaben enthalten:

  1. den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers,

  2. das Ausstellungsdatum,

  3. die Menge und die Art der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung und

  4. das Entgelt und den darauf entfallenden Steuerbetrag für die Lieferung oder sonstige Leistung in einer Summe sowie den anzuwendenden Steuersatz oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder die sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt.

Hinweis: Die geplante Anforderung des Ausweises der Umsatzsteueridentifikationsnummer oder der Steuernummer wurde für die Kleinbetragsrechnungen nicht verwirklicht.

Einführung eines bundeseinheitlichen Ordnungsmerkmals für steuerliche Zwecke
Zur eindeutigen Identifizierung in Besteuerungsverfahren werden gemäß der neu eingeführten §§ 139a bis d der Abgabenordnung bundeseinheitlich Identifikationsnummern an alle natürlichen Personen vergeben. Diese Identifikationsnummer soll ein einheitliches und dauerhaftes Merkmal darstellen, das sich während der gesamten Steuerpflicht nicht ändert. Die Vergabe wird durch das Bundesamt für Finanzen erfolgen.

Das Identifikationsmerkmal besteht aus einer Ziffernfolge, die nicht aus anderen Daten über den Steuerpflichtigen gebildet oder abgeleitet werden darf.

Wirtschaftlich tätige natürliche Personen sowie juristische Personen und Personenvereinigungen. erhalten eine Identifikationsnummer.

Investitionszulagengesetz
Nach geltendem nationalem Recht steht die Förderung betrieblicher Investitionen, die nach dem 31.12.2003 begonnen werden, unter dem Vorbehalt der Genehmigung des nationalen Förderrahmens durch die Kommission der Europäischen Gemeinschaft. Mit dem am 28.11.2003 vom Bundestag beschlossenen Gesetz werden die Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigungen geschaffen. Hierdurch wird eine kontinuierliche Förderung betrieblicher Investitionen in den neuen Bundesländern bis zum Ende des Begünstigungszeitraums am 31.12.2004 gewährleistet.

Verkürzung der Zahlungsschonfrist von fünf auf drei Tage
Die Verkürzung der Zahlungsschonfrist von fünf auf drei Tage tritt für nach dem 31.12.2003 fällig werdende Steuern in Kraft.

Weitere Änderungen
Das Steueränderungsgesetz 2003 sieht eine Reihe zusätzlicher Änderungen vor, auf die hier aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht weiter eingegangen wird.

Betroffen sind insbesondere die Steuerbefreiung für bestimmte Umsätze in Umsatzsteuerlagern, die umsatzsteuerrechtliche Handhabung von Rechnungen mit fehlerhaftem oder unberechtigtem Steuerausweis sowie die Behandlung des Insolvenzgeldes.