Juli 2005: Kapitalanleger

Privater Spekulationsgewinn: Ist Besteuerung 1996 verfassungswidrig?

Die Besteuerung von Optionsprämien aus Stillhalterechten und von privaten Spekulationsgeschäften mit Wertpapieren für den Veranlagungszeitraum 1996 ist verfassungswidrig. Zu diesem Ergebnis kommt das Finanzgericht (FG) Münster, das jetzt seinen Fall dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt hat. Dahinter steckt Folgendes:

Bereits im letzten Jahr hat das Bundesverfassungsgericht die Besteuerung von privaten Spekulationsgewinnen aus Wertpapiergeschäften für die Jahre 1997/1998 wegen Vollzugsdefiziten beanstandet und für verfassungswidrig erklärt. Bislang wurde in diesem Zusammenhang allerdings der Erfassung von so genannten Options- oder Stillhalterprämien wenig Beachtung geschenkt. Die als Stillhalter vereinnahmten Prämien wurden unter den sonstigen Einnahmen gemäß § 22 Nummer 3 Einkommensteuergesetz und nicht wie die Einkünfte aus privaten Spekulationsgeschäften mit Wertpapieren unter § 23 Einkommensteuergesetz erfasst. Das FG sieht deshalb bei den Optionsgeschäften im Jahr 1996 ein Vollzugsdefizit, das heißt: Auch in diesen Fällen ist es in erster Linie von der Ehrlichkeit der Steuerbürger abhängig, ob es zu einer Besteuerung kommt oder nicht. Eine wirksame Kontrolle ist damit ebenso wenig wie bei den Spekulationsgeschäften mit Wertpapieren möglich.

Hinweis: Banken haben erstmals für das Jahr 2004 für jeden Kunden Jahresbescheinigungen zu erstellen. Von diesen Neuregelungen werden die Gewinne aus den Options- und Stillhalteprämien nicht erfasst. Das hat zu Folge, dass auch für das Jahr 2004 bezüglich der Optionsprämien ein Erhebungsdefizit bejaht werden kann. Betroffene sollten ihre Steuerbescheide deshalb offen halten. Für den Fall, dass Steuerbescheide vor dem Veranlagungsjahr 1997 noch nicht bestandskräftig sind, können diese unter Hinweis auf den Vorlagebeschluss des FG Münster bezüglich der Besteuerung von Optionsprämien aus Stillhalterechten und von privaten Spekulationsgeschäften mit Wertpapieren offen gehalten werden (FG Münster, Beschluss vom 5.4.2005, Az. 8 K 4710/01 E, Revision beim BVerfG, Az. 2 BvL 8/05).