Dezember 2003: Alle Steuerzahler

Kürzung des Vorwegabzugs bei mehreren Arbeitsverhältnissen

Mit einem Urteil zur Einkommensteuer 2000 hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz zu der bisher noch nicht entschiedenen Frage Stellung genommen, wie bei der Kürzung des Vorwegabzuges zu verfahren ist, wenn ein Arbeitnehmer sowohl ein sozialversicherungspflichtiges als auch ein sozialversicherungsfreies Arbeitsverhältnis hat.

Der im Rahmen der Sonderausgaben zu gewährende Vorwegabzug wird grundsätzlich dann gekürzt, wenn für den Steuerpflichtigen Zukunftssicherungsleistungen erbracht werden. Der Hintergrund ist die Überlegung, dass nur diejenigen in den Genuss des ungekürzten Vorwegabzuges kommen sollen, die die Kosten ihrer Zukunftssicherung selbst aufbringen müssen.

Die Klägerin war einerseits als Gesellschafter-Geschäftsführerin einer GmbH mit einem Bruttoarbeitslohn von 60.000 DM tätig. Aus diesem Beschäftigungsverhältnis resultierte kein Anspruch auf Altersversorgung. Die GmbH gewährte auch keine Zuschüsse zur Alters-, Kranken, Pflege- oder Arbeitslosenversicherung (die Klägerin kam selbst für ihre Zukunftssicherungsleistungen auf). Andererseits erzielte die Klägerin aus einer anderen Beschäftigung Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von 2.815 DM, wovon der Arbeitgeber dieses Beschäftigungsverhältnisses 271,74 DM an Zukunftssicherungsleistungen bzw. Sozialversicherungsbeiträgen erbrachte.

Bei der (Zusammen-) Veranlagung kürzte das Finanzamt den Vorwegabzug, ausgehend von den Gesamteinnahmen von 62.815 DM, um die gesetzlich vorgesehenen 16 Prozent (= 10.050 DM), während die Klägerin der Ansicht war, die Kürzung dürfe nur aus dem Betrag von 2.815 DM errechnet werden.

Die Klage hatte Erfolg. Die Klägerin hatte vorgetragen, beim Vorwegabzug sei jedes Arbeitsverhältnis gesondert zu betrachten, da ansonsten schon die Entlohnung einer einzigen Arbeitsstunde ausreichen würde, um zu einer unverhältnismäßigen Kürzung des Vorwegabzuges zu kommen.

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz führte aus, die Kürzung des Vorwegabzugs sei nur bezüglich des Arbeitsverhältnisses vorzunehmen, aus dem Zukunftssicherungsleistungen erbracht worden seien. Die anders lautende Ansicht des Finanzamts, die Kürzung des Vorwegabzuges sei von den zusammengerechneten Arbeitslöhnen der Klägerin zu berechnen, sei nach dem Gesetzeswortlaut (§ 10 Absatz 3 Nummer 2 Satz 2 a Einkommensteuergesetz) zwar möglich, jedoch nicht zwingend und weder mit der historischen Entwicklung noch mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes vereinbar. Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit kämen nur dann für eine Kürzung des Vorwegabzuges in Betracht, wenn sie aus einer Tätigkeit stammten, für die Zukunftssicherungsleistungen erbracht worden seien. Dem stehe auch der Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung nicht entgegen. Die getrennte steuerliche Behandlung der verschiedenen Arbeitsverhältnisse sei ohne weiteres möglich. Im Ergebnis wurde daher der Vorwegabzug nur um 16 Prozent aus 2.815 DM gekürzt.

Die Revision wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.8.2003, Az. 2 K 1492/03).