März 2003: Gesellschafter und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften

Keine Haftung für Beiträge nach Ausscheiden als GmbH-Geschäftsführer

Nach § 266a Absatz 1 Strafgesetzbuch (StGB) wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer als Arbeitgeber der Krankenkasse als Einzugsstelle Arbeitnehmeranteile der Sozialversicherungsbeiträge vorenthält. Die Nichtbestellung eines Notgeschäftsführers durch den ehemaligen GmbH-Geschäftsführer in seiner Eigenschaft als (Mit) Gesellschafter der GmbH erfüllt nach einem rechtskräftigen Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg diesen Straftatbestand nicht.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Eine Krankenkasse hatte einen GmbH-Geschäftsführer wegen Vorenthaltens der Arbeitnehmerbeiträge für die Zeit von Dezember 1996 bis Juli 1997 auf Schadensersatz verklagt. Der Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH hatte seinen Anstellungsvertrag aber bereits zum 23. Oktober 1996 gekündigt.

Die Naumburger Richter führten dazu aus, dass es sich bei § 266a Absatz 1 StGB um ein Sonderdelikt handelt, welches nur durch den Arbeitgeber begangen werden kann. Arbeitgeber war in dem strittigen Fall die GmbH. Zwar wird durch § 14 Absatz 1 Nummer 1 StGB auch die Strafbarkeit des vertretungsberechtigten Organs einer juristischen Person oder eines Mitglieds eines solchen Organs nach § 266a Absatz 1 StGB begründet. Jedoch macht sich auf Grund des strengen Analogieverbots im Strafrecht hiernach nur derjenige strafbar, der im Zeitpunkt der Tatbegehung vertretungsberechtigtes Organ ist. Diese Tatbestandsvoraussetzung trifft nur auf den Geschäftsführer einer GmbH, nicht aber auf deren Gesellschafter zu. Die GmbH wird nach § 35 Absatz 1 GmbHG durch den Geschäftsführer nach außen vertreten. Ein Gesellschafter ist hingegen auch dann nicht zur Vertretung der GmbH berechtigt, wenn der Geschäftsführer wirksam abberufen wurde oder sein Amt niedergelegt hat und kein neuer Geschäftsführer bestellt worden ist. In einem solchen Fall ist die GmbH nach außen hin handlungsunfähig. Die Nichtbestellung eines Notgeschäftsführer durch den GmbH-Gesellschafter kann insoweit den Straftatbestand des § 266a Absatz 1 StGB nicht verwirklichen und daher auch keine Schadenersatzpflicht nach § 823 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch auslösen. Das gilt auch, wenn dies für den GmbH-Gesellschafter erkennbar zwangsläufig dazu führte, dass die Arbeitnehmeranteile der Sozialversicherungsbeiträge der Krankenkasse vorenthalten werden.