Dezember 2004: Umsatzsteuerzahler

Gemischt genutzte Gebäude: Vorsteuerabzug

Nach der neuen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann ein Unternehmer ein teilweise zu unternehmerischen und teilweise zu privaten Wohnzwecken genutztes Gebäude umsatzsteuerlich insgesamt dem Unternehmen zuordnen. Dazu muss die betriebliche Nutzung mindestens 10 Prozent betragen. Da auch eine andere Entscheidung möglich ist, muss der Unternehmer in dieser Frage eine ausdrückliche Zuordnung treffen.
Für Grundstücke/Gebäude, die nach dem 30.6.2004 angeschafft oder hergestellt worden sind, gilt die bisherige Unterstellung der Zuordnung zum unternehmerischen Bereich nicht mehr, sofern keine anders lautende schriftliche Erklärung abgegeben wurde. Will der Unternehmer das gesamte Gebäude dem Unternehmensvermögen zuordnen, sollte er den entsprechenden Vorsteuerabzug im Rahmen der Umsatzsteuer-Voranmeldungen spätestens mit Abgabe der Unmsatzsteuer-Jahreserklärung für das entsprechende Jahr geltend machen. Kann aus dem Umfang der Geltendmachung des Vorsteuerabzugs nicht auf die Zuordnung zum Unternehmen geschlossen werden, muss sich der Unternehmer spätestens bis zur Abgabe der Umsatzsteuererklärung dazu äußern, ob und in welchem Umfang er das Gebäude dem Unternehmen zugeordnet hat.

Die Zuordnung des gesamten Gebäudes zum Unternehmen hat zur Folge, dass der volle Vorsteuerabzug, insbesondere auch auf sämtliche Anschaffungs- und Herstellungskosten, vorgenommen werden kann. Die private Nutzung gilt damit nicht mehr als vorsteuerschädlicher Umsatz. Im Gegenzug ist die Privatnutzung als unentgeltliche Wertabgabe zu versteuern. Bemessungsgrundlage sind dabei die anteiligen auf die private Nutzung entfallenden laufenden Kosten sowie die anteilige Abschreibung. Was die Abschreibung betrifft, will die Finanzverwaltung nicht von den ertragsteuerlichen Grundsätzen (Nutzungsdauer 50 Jahre / 2 Prozent) ausgehen, sondern auf den umsatzsteuerlich maßgeblichen Berichtigungszeitraum von 10 Jahren (Abschreibung 10 Prozent) abstellen. Im Ergebnis wird damit innerhalb von 10 Jahren der volle Vorsteuerabzug auf die nicht unternehmerisch verwendeten Teile wieder ausgeglichen. Lediglich ein positiver Zins- und Liquiditätseffekt verbleibt. Diese Verwaltungsauffassung ist grundsätzlich ab dem 1.7.2004 anzuwenden. Wer bereits vor dem 1.7.2004 durch Berufung auf das EuGH-Urteil vom 8.5.2003 den vollständigen Vorsteuerabzug geltend macht, muss die Versteuerung der privaten Nutzung auch rückwirkend nach den neuen Aufteilungsregeln vornehmen.

Der Berichtigungszeitraum entspricht in keiner Weise der tatsächlichen Nutzungsdauer eines Gebäudes und damit auch nicht den tatsächlichen Kosten. Die Bemessung der Privatnutzung mit jährlich 10 Prozent Abschreibung anhand dieser wirklichkeitsfremden Festlegung der Abschreibungsdauer wird sicherlich gerichtlich überprüft werden. Hiergegen sollte Einspruch eingelegt werden. Die Finanzverwaltung stimmt inzwischen nach einer Verfügung der OFD Nürnberg vom 4.10.2004 (Az. S 7300 – 641/St 43; DStR 2004, 1882) dem Ruhen der Einspruchsverfahren zu, soweit die unentgeltliche Wertabgabe mit 10 Prozent anstelle von 2 Prozent der Kosten besteuert wurde.