Februar 2003: Alle Steuerzahler

Erbschaftsteuer ist auch auf Kursverluste zu zahlen

Bei einem Erwerb von Todes wegen entsteht die Erbschaftsteuer schon mit dem Tod des Erblassers, nicht erst mit dem Zufluss eines Erbes oder Vermächtnisses. Maßgebend für die Höhe der Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer ist somit das Vermögen am Todestag des Erblassers. Diese Bindung der Steuer an den Todeszeitpunkt kann vor allem bei Vermächtnissen enorme Folgen haben. Fallen etwa die Kurse von Aktien zwischen dem Todestag und dem Zeitpunkt, in dem über ein Vermächtnis verfügt werden kann, bleiben die Kurse am Todestag maßgebend. Folglich muss dann die volle Erbschaftsteuer trotz des Kursverlusts gezahlt werden.

Das Finanzgericht München hat diese Rechtsfolge in einem neueren Urteil jetzt noch einmal bestätigt. Das Steuerrecht unterscheidet hinsichtlich der Erbschaftsteuer nicht zwischen einem Erben und einem Vermächtnisnehmer. Unerheblich ist es, dass der Vermächtnisnehmer im Gegensatz zum Erben nicht unmittelbarer Rechtsnachfolger des Erblassers bezüglich des zugewendeten Vorteils wird. Er hat zu diesem Zeitpunkt nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf die Zuwendung. Die wirtschaftliche Bereicherung tritt dann oft lange Zeit nach dem Tod ein, wenn etwa der schuldrechtliche Anspruch noch gerichtlich durchgesetzt werden oder die Testamentsvollstreckung abgewartet oder wenn bei ausländischen Berechtigten erst noch eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes eingeholt werden muss.

Diese Differenz zwischen dem Todestag und dem Zeitpunkt der erstmaligen Verfügungsmöglichkeit führt immer wieder bei einem dramatischen Kursverfall von börsennotierten Wertpapieren zu Auseinandersetzungen zwischen den Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung. Das Finanzgericht München hält sich jedoch rigoros an den Wortlaut des Gesetzes (FG München, Az. 4 K 558/02).

Hinweis: In Extremfällen gibt es durchaus Konstellationen, in denen das vorhandene Erbe nicht einmal die Erbschaftsteuer abdeckt. In solchen Fällen ist an eine Ausschlagung des Erbes zu denken. Doch kommen hierbei viele zu spät: Eine Ausschlagung ist nämlich nur binnen sechs Wochen ab Kenntniserlangung vom Anfall und dem Grund der Berufung bzw. der Verkündung der letztwilligen Verfügung möglich (§ 1944 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch). Wenn der Erblasser seinen Wohnsitz nur im Ausland gehabt hat oder wenn sich der Erbe bei Fristbeginn im Ausland aufhält, verlängert sich die Frist auf ein halbes Jahr (§ 1944 Abs.3 Bürgerliches Gesetzbuch).

Soweit eine Ausschlagung der Erbschaft nicht (mehr) in Betracht kommt, hilft im Hinblick auf die Erbschaftsteuer nur noch ein Erlassantrag (§ 277 Abgabenordnung). Dabei ist die Erlasspraxis der Verwaltung eher restriktiv. Jedoch gibt es in einigen Fällen durchaus auch Erfolgsaussichten. Das zeigt eine Entscheidung des Finanzgerichtes Köln ( FG Köln, Urteil vom 23.10.97, EFG 98, 1603). Zwar hatten die Richter die Klage abgewiesen, gleichzeitig hoben sie aber hervor, dass bei außergewöhnlichen Fallgestaltungen ein Billigkeitserlass der Erbschaftsteuer durchaus möglich sei. Eine solche Situation sei etwa dann gegeben, "wenn der Erbe den Kursverfall seines geerbten Vermögens mangels fehlender tatsächlicher Verfügungsmacht weder durch Verkauf oder andere Maßnahmen verhindern konnte". Hinzu kommen muss, dass die Erbschaftsteuer den Erben übermäßig belastet und die ihm zustehenden Vermögenswerte grundlegend beeinträchtigt. Das Finanzgericht weist sogar die Richtung: An einen Erlass müsse dort gedacht werden, wo von dem verbleibenden Vermögen die Erbschaftsteuer mehr als die Hälfte ausmacht.

Wesentlich ist wohl, ob der Erbe eine faktische Einwirkungsmöglichkeit auf das Depot besessen hat. Insoweit wird argumentiert, dass derjenige, der über eben diese Einwirkungsmöglichkeit verfügt, mittels Umschichtung des Depots eintretende Härten selbst verhindern könne.