Juni 2005: Alle Steuerzahler

Einkommensteuerbescheide 2004: Was Sie unbedingt beachten sollten

Inzwischen liegen schon viele Einkommensteuerbescheide für das Veranlagungsjahr 2004 vor. Insgesamt besteht die Möglichkeit, dass die Festsetzung der Einkommensteuer hinsichtlich von acht Punkten vorläufig vorgenommen wird, wodurch den Steuerpflichtigen automatisch die Chance auf eine zu ihren Gunsten ausfallende Änderung des Bescheids erhalten bleibt. Dabei sollte insbesondere darauf geachtet werden, dass die Steuerbescheide zwei Vorläufigkeitsvermerke enthalten, die das Bundesministerium für Finanzen erst Anfang April bekannt gegeben hat:

  • die Anwendung der durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 vom 29.12.2003 geänderten Vorschriften

  • die Nichtberücksichtigung pauschaler Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben in Höhe der steuerfreien Aufwandsentschädigung nach § 12 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages.

Hinter diesen beiden Vermerken steht Folgendes:

1. Zum Haushaltsbegleitgesetz 2004

Das Haushaltsbegleitgesetz 2004 steht derzeit beim Bundesverfassungsgericht auf dem Prüfstand. In den beiden Verfahren (Az. 2 BvR 412/04 und 2 BvR 2491/04) geht es zwar um die Frage, ob die Erhöhung der Biersteuer durch Artikel 15 des Haushaltsbegleitgesetzes verfassungswidrig ist. Aber genauso wie die Erhöhung der Biersteuer wurde auch die so genannte Koch/Steinbrück-Liste erst in letzter Minute durch den Vermittlungsausschuss in das Gesetz eingebracht. Nach Ansicht zahlreicher Steuerexperten hat der Vermittlungsausschuss damit seine Kompetenzen überschritten. Überträgt man diese Argumentation, können demnach auch die in der Koch/Steinbrück-Liste enthaltenen Vorschläge zur Kürzung von diversen Steuervergünstigungen ebenso verfassungswidrig sein, wie die Erhöhung der Biersteuer.

In der folgenden Übersicht finden Sie die auf Grund der Koch/Steinbrück-Liste vorgenommenen wichtigsten Änderungen im Einkommensteuergesetz (EStG), die zurzeit erstmals für das Veranlagungsjahr 2004 zu beachten sind:

Regelung bis 2003 ab 2004
Freibeträge für arbeitsrechtliche Abfindungen (§ 3 Nummer 9 EStG):
55. Lebensjahr/Dienstverhältnis 20 Jahre
50. Lebensjahr/Dienstverhältnis 15 Jahre
keine der Voraussetzungen erfüllt
12.271 Euro
10.226 Euro
8.181 Euro
11.000 Euro
9.000 Euro
7.200 Euro
Übergangsgelder oder -beihilfen (§ 3 Nummer 10 EStG) 12.271 Euro 10.800 Euro
Beihilfen zu Geburt oder Hochzeit (§ 3 Nummer 15 EStG) 358 Euro 315 Euro
Jobticket (§ 3 Nummer 34 EStG) steuerfrei steuerpflichtig
Sachprämien (§ 3 Nummer 38 EStG) 1.224 Euro 1.080 Euro
Geschenke (§ 4 Absatz 5 Satz 1 Nummer 1 EStG) 40 Euro 35 Euro
Abschreibung (neuer § 7 Absatz 5 Nummer 3c EStG)
für Gebäude mit Bauantrag bzw. Erwerb
nach dem 31.12.2003
8 Jahre 5 %
6 Jahre 2,5 %
36 Jahre 1,25 %
10 Jahre 4 %
8 Jahre 2,5 %
32 Jahre 1,25 %
Abschreibung für Gebäude in Sanierungsgebieten
und städtebaulichen Entwicklungsbereichen (§ 7h EStG)
oder für Baudenkmäler (§ 7i EStG)
10 Jahre 10 % 8 Jahre 9 %
4 Jahre 7 %
Freigrenze für Sachbezüge (§ 8 Absatz 2 Satz 9 EStG) 50 Euro 44 Euro
Rabattfreibetrag (§ 8 Absatz 3 EStG) 1.224 Euro 1.080 Euro
Arbeitnehmer-Pauschbetrag (§ 9a Satz 1 Nummer 1 EStG) 1.044 Euro 920 Euro
Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Absatz 1 Nummer 2 EStG)
Abzug der Beiträge für Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht und Kapitallebensversicherungen
100 % 88 %
Sonderausgabenabzug bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Baudenkmälern
oder Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen (§ 10f EStG)
10 Jahre 10 % 10 Jahre 9 %
Sonderausgabenabzug für Kulturgüter (§ 10g EStG) 10 Jahre 10 % 10 Jahre 9 %
Veräußerungsfreibetrag (§ 16 EStG)
Grenzbetrag
51.200 Euro
154.000 Euro
45.000 Euro
136.000 Euro
Veräußerungsfreibetrag (§ 17 EStG)
Grenzbetrag
10.300 Euro
41.000 Euro
9.060 Euro
36.100 Euro
Vermögensbeteiligung von Arbeitnehmern (§ 19a EStG) 154 Euro 135 Euro
Sparer-Freibetrag (§ 20 Absatz 4 EStG) für
Ledige
Ehegatten
1.550 Euro
3.100 Euro
1.370 Euro
2.740 Euro
Mindestmietzins bei Vermietung an Angehörige (§ 21 EStG) 50 % 56 %
Ermäßigter Steuersatz (§ 34 Absatz 3 EStG) 50 % 56 %
Pauschalierungssatz bei Sachprämien (§ 37a EStG) 2 % 2,25 %

2. Zu der steuerfreien Aufwandsentschädigung der Bundestagsabgeordneten

Während Arbeitnehmer beruflich veranlasste Aufwendungen ohne Nachweis nur pauschal mit 920 Euro absetzen können, erhalten Bundestagsabgeordnete eine steuerfreie Kostenpauschale von 42.612 Euro, die sich der Entwicklung der Lebenshaltungskosten anpasst. In zwei Verfahren vor den Finanzgerichten Hessen und Baden-Württemberg wurde deshalb gefordert, dass der Kostennachweis auch für Abgeordnete eingeführt oder alternativ eine vergleichbare Pauschale für alle Steuerzahler in Höhe von 30 Prozent der Einnahmen angesetzt wird.

Die Finanzgerichte haben die Klagen abgewiesen. Weder seien die für die Arbeitnehmer geltenden Vorschriften verfassungswidrig noch sei eine rückwirkende Gleichstellung der übrigen Steuerbürger mit den Abgeordneten zu erwarten. Der Bundesfinanzhof hat in beiden Fällen die Revision zugelassen (Az. VI R 63/04 und VI R 81/04).

Hinweis: Enthält der Steuerbescheid für das Veranlagungsjahr 2004 die oben genannten beiden Vorläufigkeitsvermerke, brauchen Sie nicht weiter tätig zu werden. Die Einkommensteuerbescheide ergehen damit automatisch in diesen Punkten zunächst vorläufig. Das heißt, sobald in den Präzedenzfällen die endgültigen Entscheidungen gefällt worden sind, wird die Finanzverwaltung bei einem für die Steuerpflichtigen günstigen Entscheidungsausgang die Folgen von sich aus beseitigen. Sie erhalten dann einen geänderten Steuerbescheid. Für den Fall, dass der Steuerbescheid gerade die beiden oben angeführten Vorläufigkeitsvermerke nicht enthält, sollte auf jeden Fall Einspruch eingelegt und die Aufnahme des Vorläufigkeitsvermerks begehrt werden. Darüber hinaus sollte in Bezug auf die steuerfreie Aufwandsentschädigung der Bundestagsabgeordneten auch in allen vor dem Jahr 2004 liegenden noch offenen Verfahren auf die Aufnahme eines solchen Vorläufigkeitsvermerks geachtet werden (BMF-Schreiben vom 8.4.2005, Az. IV A 7 – S 0338 – 27/05).