Oktober 2005: Personengesellschaften und deren Gesellschafter

Einkünfte aus ausländischen Betriebsstätten: Nachversteuerung EU-widrig?

Die nach dem deutschen Außensteuergesetz vorgesehene Nachversteuerung von Einkünften aus bestimmten ausländischen Betriebsstätten verstößt möglicherweise gegen die im EG-Vertrag garantierte Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit. Das Finanzgericht Münster (FG) setzte diesbezüglich ein Klageverfahren aus und legte dem Europäischen Gerichtshof die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob die Nachversteuerung der Einkünfte aus ausländischen Betriebsstätten EU-widrig sei:

Eine nach deutschem Recht gegründete Kommanditgesellschaft war im Streitjahr 1996 in Belgien ansässig. Sie wurde von der belgischen Steuerbehörde als Kapitalgesellschaft im Sinn des belgischen Rechts und als "Coordination Centre" behandelt. Das hatte zur Folge, dass in Belgien nicht der tatsächlich erwirtschaftete Gewinn im Sinn des deutschen Steuerrechts, sondern ein nach der Kostenaufschlagmethode ermittelter Gewinn Bemessungsgrundlage war. Im Ergebnis wurden dadurch in Belgien weniger als 30 Prozent des tatsächlich erzielten Gewinns versteuert. In Deutschland wurde die Klägerin als Personengesellschaft behandelt. Der Gewinn aus der ausländischen Betriebsstätte wurde unter Anrechnung der darauf in Belgien entfallenen Steuer in Deutschland voll besteuert.

Das deutsche Außensteuergesetz sieht vor, dass die Doppelbesteuerung von Einkünften deutscher Steuerpflichtiger aus ausländischen Betriebsstätten unter bestimmten Voraussetzungen nicht durch die Freistellung dieser Einkünfte von der deutschen Besteuerung vermieden wird, sondern durch die Anrechnung der auf diese Einkünfte erhobenen ausländischen Steuer auf die deutsche Steuer. Für deutsche Steuerpflichtige erweist sich diese Regelung dann als ungünstig, wenn die Einkünfte aus der Betriebsstätte im Ausland nur niedrig besteuert werden und das Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Staat, in dem sich die Betriebsstätte befindet, an sich eine Freistellung der Einkünfte von der deutschen Besteuerung vorsieht. Die Steuerpflichtige vertrat die Auffassung, dass auf Grund des Doppelbesteuerungsabkommens die Einkünfte von der inländischen Besteuerung freizustellen sind.

Hinweis: In vergleichbaren Fällen sollten die Einspruchsmöglichkeiten überprüft werden. Betroffene Gesellschaften sollten ihre Bescheide offen halten und auf die Vorlageentscheidung des FG verweisen (FG Münster, Beschluss vom 5.7.2005, Az. 15 K 1114/99 F, EW; FG Münster, Pressemitteilung vom 15.8.2005, Nr. 11/05).