Mai 2003: Alle Steuerzahler

Befristung bei doppelter Haushaltsführung ist verfassungswidrig

Die zum 1. Januar 1996 in Kraft getretene zeitliche Begrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung bei einer Beschäftigung am selben Ort ist in den Fällen von fortlaufend verlängerten Abordnungen und beiderseits berufstätigen Ehegatten verfassungswidrig. Dies hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden.

Beschwerdeführer waren verheiratete Wochenendpendler, denen der geforderte Freibetrag für die doppelte Haushaltsführung für das Jahr 1996 verweigert worden war. Das zuständige Finanzamt verwies auf die Zweijahresfrist, die als Kompensation für die steuerliche Entlastung von Familien eingeführt worden war.

Die Entscheidung des Finanzamtes verstößt laut Bundesverfassungsgericht gegen den Schutz der Ehe. Alleinverdienerehe und Doppelverdienerehe sind verfassungsrechtlich gleichermaßen geschützt. Auf die Gründe, aus welchen sich einer der Ehegatten für die Berufstätigkeit an einem vom gemeinsamen Wohnort abweichenden Beschäftigungsort entschlossen hat, kommt es (nach Ablauf von zwei Jahren doppelter Haushaltsführung) nicht an. Artikel 6 Absatz 1 Grundgesetz verbietet es, die Vereinbarkeit von Ehe und Berufsausübung beider Ehegatten zu erschweren.

Bis zum In-Kraft-Treten des Jahressteuergesetzes 1996 bestand für den Werbungskostenabzug von notwendigen Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung entstehen, keine zeitliche Begrenzung. Eine Zweijahresgrenze wurde erstmals zum 1. Januar 1996 in § 9 Einkommensteuergesetz eingefügt. Ferner sind Trennungsgelder, die anlässlich einer doppelten Haushaltsführung eines Arbeitnehmers aus öffentlichen Kassen geleistet werden, nur insoweit steuerfrei, als sie die nach dem Jahressteuergesetz 1996 abziehbaren Aufwendungen nicht übersteigen. Zusammen mit anderen Regelungen bewirkt die Zweijahresgrenze, dass nach zwei Jahren doppelter Haushaltsführung bei einer Beschäftigung am selben Ort speziell die Aufwendungen für die Unterkunft am Beschäftigungsort vom Werbungskostenabzug ausgeschlossen sind.